Die „Eigenverwaltung“ ist an sich eine gute Idee: Wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, bleibt die Geschäftsleitung im Amt und darf selbst sanieren. Das soll dazu führen, dass rechtzeitig Insolvenz angemeldet wird. Nun aber schlagen die Insolvenzverwalter Alarm: Immer häufiger werde die Eigenverwaltung angeordnet, obwohl die Voraussetzungen nicht gegeben seien. Das Nachsehen haben die Gläubiger.
„Rund 75 % aller Insolvenzen sind auf Managementfehler zurückzuführen“, betont Christoph Niering, Vorsitzender des Insolvenzverwalterverbandes (VID). „Da ist die Frage schon berechtigt, ob mit der freizügig gewährten Eigenverwaltung nicht der ‚Bock zum Gärtner‘ gemacht wird.“
Zweite Chance für integere Geschäftsführer
Zwar sei es, so Niering, grundsätzlich richtig, auch gescheiterten Unternehmern und Geschäftsleitungen eine zweite Chance zu geben. Dazu müssten diese aber ihre Integrität nachweisen. Stattdessen werde heute auch dann Eigenverwaltung angeordnet, wenn diese Voraussetzung nicht gegeben sei. „Wir wissen von einer ganzen Reihe auch prominenter Schutzschirmverfahren, wo die Eigenverwaltung im Interesse der beteiligten Gläubiger niemals hätte bewilligt werden dürfen“, sagte Niering. „Die Eigenverwaltung ist aber ein Spezial-Tool für entsprechend geeignete Fälle, und das sollte sie auch bleiben.“
Der VID nannte insbesondere drei Fehlentwicklungen bei der Anwendung der Eigenverwaltung. Meist wird nur eine finanzwirtschaftliche Restrukturierung verfolgt, etwa um Anleihegläubiger loszuwerden. Die Leidtragenden seien die Gläubiger, „vor allem die betroffenen Arbeitnehmer“, so Niering. Darüber hinaus werden wertvolle Sanierungschancen verpasst, weil nicht geeignete Unternehmensführungen oft nur an der Sicherung der eigenen Tätigkeit interessiert seien, nicht aber an der Neuaufstellung des Unternehmens. Und schließlich diene ein Insolvenzverfahren laut Gesetz in allererster Linie den Interessen der Gläubiger. In einer großen Zahl von Eigenverwaltungen würden aber die Interessen der Gläubiger systematisch ignoriert, berichtete Niering aus der Praxis.
Erfahrener Sanierungsberater unbedingt notwendig
Der VID will allerdings nicht das Schutzschirmverfahren und die Eigenverwaltung als Ganzes kritisieren. Wenn die Unternehmensleitung schon im Vorfeld über einen längeren Zeitraum professionell von erfahrenen Sanierungsberatern begleitet wird, gibt es viele positive Entwicklungen. Daher formuliert der VID einige Verbesserungsvorschläge und fordert forderte die Politik auf, den Zugang zur Eigenverwaltung zu beschränken: „Die Eigenverwaltung darf nur solchen Unternehmern offenstehen, die wie ein ‚ordentlicher Kaufmann‘ ihre Verpflichtungen erfüllen“, so Niering.
Die Eigenverwaltung dürfe deshalb nur noch solchen Unternehmen zugänglich gemacht werden, die über eine aktuelle und nachvollziehbare Buchführung und fristgerecht aufgestellte und testierte Jahresabschlüsse verfügen. Zweitens müssten diese Unternehmen ihren steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sein. Und drittens dürfe gegen Unternehmensführung und beherrschende Gesellschafter nicht strafrechtlich ermittelt werden.
Informationen: www.vid.de